Subkultur Reloaded - Ein Pamphlet

von kulturvollzug

Was genau ist Subkultur? Wer bestimmt darüber was Subkultur zu leisten hat? Gibt es das wilde Tier Subkultur in München überhaupt? Dr. Jörg von Brincken, Dozent an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und geistiger Vater der Performance-Gruppe "OKA", hat sich in Rage geschrieben. Das Ergebnis: ein feuriges Pamphlet für die Münchner Subkultur - wenn es sie denn gibt.

Für die Diskussion um Subkultur stellen sich zwei wesentliche Schwierigkeiten, einmal, was ihre Erfassung von außen betrifft, zum anderen, was das innere Selbstverständnis alternativer Strömungen betrifft.

Subkultur – Der  Problembär

Subkultur ist heutzutage, vor dem Hintergrund der Aufweichung hegemonialisierender, leitkultureller Vorstellungen sicherlich ein problematischer Begriff. Zunächst bedeutete Subkultur für den Einzelnen die Möglichkeit zur individuellen - und individuell je verschiedenen - Aneignung von allen möglichen innerhalb der Gesamtkultur verfügbaren Lebensstilen. Subkulturelle Praxis bestand im Ausbau von informellen und undisziplinierten Kommunikationsmodi, aus der spielerischen Erprobung alternativer sozialer Umgangsformen, sie erlaubte die Aneignung nicht-kanonisierten Sonder-Wissens und die Entfaltung sinnlich-emotionaler Kreativität, unabhängig von `education` und Vor-Bildung. Hier entfaltete sich auch ihr kritisches Potenzial: Sub-Kultur wies auf die Kontingenz kultureller Institutionalisierungen und auf die Reversibilität der mit dieser verbundenen normativen Zuschreibung hin. Sie verstand sich selber entweder ganz offensiv als Counter-Culture, als Gegen-Kultur von unten, oder sie wirkte im Sinne eines konstruktiven Einspruches, fungierte als Korrektiv im Dienste einer (manchmal bis ans Utopische grenzenden) Erweiterung bestehender gesellschaftlicher Strukturen. ‚Sub-‚ bedeutete so nicht nur: absonderlich im zwielichtigen Souterrain der Leitkultur, sondern zugleich: besonders nah dran an der Basis des Lebens, nämlich unter der Haut der Gesellschaft, da wo ihre Adern, ihre Venen und ihr unerschlossenes Kreislaufsystem sich befinden.

Subkultur - Du eitel Ding

Doch die grass-root-Attitüde machte zugleich die Eitelkeit von Subkultur aus:  Es ist nicht nur so, dass die jeweils herrschende Kultur Subkultur argwöhnisch beäugte, sondern es stimmt auch, dass Subkultur immer ein wenig beifallheischend zur Hauptfigur hinaufschielte. Das scheint bereits im Begriff angelegt zu sein: Das Präfix war ja zunächst eine Setzung der Hauptkultur, die durch das `Sub` eine hierarchische Rangfolge und Herabsetzung implizierte und sich darin selbst als die einzig legitime Leitlinie hervorhob. Insofern sich Subkulturen demgegenüber als innovative und alternative, sprich: bessere und kreative Praxis betrachteten, musste das Etikett, wo es denn aktiv übernommen wurde, von vornherein wie eine ironische Infragestellung des eigenen authentischen Alternativ-Anspruchs erscheinen.

Subkultur und herrschende Kultur standen damit nie völlig diametral zueinander, sondern mal in Form einer verspielt-exotischen, doch von Respekt getragenen  Liaison, ein anderes Mal in Form einer zärtlich-aggressiven Beziehung von König und Hofnarr. Und ja, die Beziehung konnte dennoch befruchtend sein – meist solange bis Subkultur vollends an die Oberfläche des gesellschaftlichen Hautfilmes wanderte und in den Sog des Mainstream geriet. Dann starb sie irgendwann ab, nicht jedoch, ohne ihre Spuren und Sporen hinterlassen zu haben. Ein ganz normaler evolutionärer Prozess, an dem nichts Schlechtes ist.

Subkultur - Ein wildes Sammelsurium

Doch heute scheint sich sogar das antizipatorische Ausgangs-Potential von Subkultur verbraucht zu haben. Mit den Aufbrüchen der Postmoderne und dem Siegeszug der postindustriellen, auf Affektmanagement und vorrangig kultureller Exploitation basierenden Ökonomie kam es zu einer nachhaltigen Vermischung der Bereiche von hoher und niederer Kultur, von seriöser Kunst und Unterhaltung, von Mainstream und ‚subkulturellen‘ Mustern, von Zentrum und Rand. Eine Melange, welche die emanzipatorische Stoßkraft subkultureller Entwürfe abschwächte und deren jeweilige Attitüden ein bisschen beliebig und ziellos werden ließ. Damit waren auch die eindeutige Erfassbarkeit, die Profilierbarkeit und Lokalisierbarkeit von (genuiner) Subkultur zunehmend in Frage gestellt. Hinzu kam die Tatsache, dass Engagement in verschiedenen Subkulturen möglich war, man sammelte sozusagen Lieblings-Subkulturen an, die alle mehr oder weniger bündig zum einen Selbstverständnis passten. Zeig‘ mir Deine Subkulturen und ich sage Dir, wer Du bist…

Subkultur avancierte dergestalt mehr und mehr zu einem Synonym für mehr oder wenige hippe oder hoppe Mode (inklusive des Implikats von deren Wechsel), für exotischen Trend, für einen gewissen dandyistischen `chic asocial` - der sich freilich immer auch gut verkauften ließ und lässt. Subkultur kommt nicht mehr wirklich von unter der Haut, sie ist nicht mehr der juckende widerspenstige Pickel im Fleisch, sondern geriert sich eher als reizendes Muttermal auf der großen glatten Haut, von vorneherein rhythmisiert durch deren Oberflächen-Bewegungen. Ein exotischer Schönheitsfleck.

Subkultur - Ein Prozess

Kann also die offensive Selbst-Etikettierung als Subkultur, die nach wie vor anzutreffen ist, mehr denn ein Anachronismus, eine modische Attitüde oder eine Ironisierung der eigenen alternativen Bestrebungen sein? Ja, wenn das subkulturelle Programm erneuert wird - Subkultur reloaded. Subkultur nicht als gegebenes Phänomen, sondern als auszuführendes Programm: Hinsichtlich dessen muss man sich natürlich selbst erneut und verschärft die Frage nach der sozialen und kulturellen Mobilisierungskraft des Anderen, des Abseitigen und nicht immer politisch Korrekten vor dem aktuellen gesellschaftlichen Hintergrund stellen und jene Bereiche der Kommunikation und Kreativität pflegen, die Grenzen überschreiten. Zuallererst aber gälte es genau jeden Bereiche zu finden: Was zum Teufel juckt uns noch? Wo sind die Grenzen des Erträglichen?

Eine solche Recherche bedeutet auch, dass man nicht darauf vertrauen darf, dass Subkultur sich quasi von selbst durch die Dynamik gesellschaftlicher Teilinteressen einstellt, dass sich irgendwann irgendwo Kollektive zu Subkulturen zusammenfinden werden. Es geht auch gar nicht mehr um darum, Subkulturen als bloße Phänomene zu sehen, als sichtbare Verdichtung von Partialinteressen - die es gibt oder eben nicht.

Es geht vielmehr darum, den Begriff Subkultur als Notwendigkeit, als Postulat neu zu etablieren. Subkultur als Programm, als etwas in Gang zu Setzendes, Subkultur als praktiziertes Interesse am ‚Sub‘ schlechthin, unabhängig von seiner jeweiligen Gestalt. Ein Sprung nach unten mit ungewissem Ausgang.

Sie wäre dann keine vereinzelte alternative Lebensweise mit festumrissenen, wenngleich abweichenden Normen, keine rein nach außen wirkende und ohnehin miserable Geste des „Erkenne mich als anders (an)!“ - sondern eine beständig sich erneuernde umfassende Bereitschaft, sich immer wieder unter die große Haut zu begeben, die (mitunter gefahrvolle) Arbeit, in die Tiefen einer Kultur zu abtauchen, unter ihre Oberflächen, um dort nach dem Verborgenen, dem Verschwiegenen, dem Unheimlichen, dem Tabuisierten zu suchen. Und: dieses Verborgene nicht seiner Alterität zu entkleiden, sondern diese wahr- und ernst zu nehmen. Es ginge nicht um qualitative Wertung, sondern um Zur-Erfahrung-Bringen, nicht um ein Verständlichmachen, sondern um eine Verständigung darüber, dass `da unten`, gleichsam subkutan eine Welt innerhalb der Welt existiert...Subkultur als Abenteuer, als forschende Umarmung des ‚Gegen‘, als transgressive Erkundung von unter Umständen monströsen Welten – ganz unabhängig davon, ob man sie gut findet oder nicht. Subkulturell Forschende wären wir nicht da, wo wir das Bizarre zum neuen Schönen stilisieren, sondern dort, wo wir das Bizarre registrieren und ertragen.

Dies alles beinhaltet freilich die Gefahr des Scheiterns - dessen desolateste Fassung diejenige wäre, dass unter der Oberfläche nichts Abweichendes mehr zu finden ist. Dass alles ‚Andere‘ bereits subsumiert ist. Dass Alternativen immer schon Teil des Systems sind und diesem als Treibstoff dienen.

Subkultur - Das Ganze im Halben

Freilich gälte es auch, sich kritisch mit der Frage nach kultureller Kommunizierbarkeit schlechthin auseinander zusetzen: Der gängige Begriff von Kultur zielt, obwohl er auf Diversifikation und Multiplizität abzielt, nach wie vor auf die Universalität von kommunikativem Austausch und die dazu nötige Organisation des Diskures nach allgemeinen Spiel- und Sprachregeln. Man fordert entsprechend auch innerhalb der Subkulturen und zwischen verschiedenen Kulturen Toleranz und Verständnis - und betont so eine gewisse Gleichförmigkeit innerhalb der Verschiedenheit, Basis-Regeln politischer Korrektheit, die Beachtung gewisser gesellschaftlicher Normen und diskursiver Konventionen ab: We are different, but we are one world...

Subkulturen mögen nicht mehr von außen her reguliert und diszipliniert sein, aber sie werden über die allseits unhinterfragten Normen von Verständnis, Kommunikation und Toleranz durchaus kontrollierbar: Ihre provokanten oder andersartigen Gesten werden vom Standpunkt des gesellschaftlichen Systems aus lesbar, evaluierbar und nicht zuletzt ausbeutbar. Wo immer etwas ‚Interessantes‘, ‚Neues‘ oder ‚Progressives‘ in den Subkulturen passiert, ist das System sozusagen schon zur Stelle, um es abzuschöpfen und Form von Mode, Design, Branding und ‚alternative style‘ usw. vermarktbar zu machen. Nun ist das nicht per se etwas Schlechtes, nach wie vor höchst aktuelle und wichtige kulturelle Bewegungen - von der ökologischen Bewegung über die Kultur freier Liebe bis hin zur Videospielkultur – haben als Subkulturen begonnen, ihr kulturelles Potenzial reichte aber offenbar über den engeren Rahmen von Sonderlingen und Nerds hinaus. Und trotz der Entwicklung zum Mainstream haben sich in ihnen wesentliche Ansprüche an ein anderes, befreites oder bewussteres Sein erhalten. Dennoch verschleifen gewisse anarchische Potenziale und bei vielen sogenannten subkulturellen Aufbrüchen hat man das Gefühl, ihre Protagonisten sehnen mehr sich nach, Vorreiter umfassender populärer Trends, ja, Idole der Popkultur zu werden, denn wirklich nachhaltig auf die Erkundung alternative Sichtweisen zu pochen.

Nun mag es dumm sein, auf Renitenz zu bestehen, denn die Perfektabilität des Menschengeschlechts hängt nun einmal davon ab, wie viele Leute sich auf der ‚guten Seite‘ versammeln. Dennoch meine ich, das die Ausgangsbedingungen zu überprüfen wären: Der globale Glaube an Konsens, Kommunikation und Toleranz dürfen nicht von vorneherein zu den bestimmenden Kriterien subkulturellen Agierens werden.

Subkultur – Gefahr im Vollzug

Keine Sorge, lieber Leser, es geht nicht um einen Krieg gegen die Gesellschaft oder das Establishment. Und im Alter wird man eh milder, davor sind auch Subkulturen, so sie in die Jahre kommen, nicht gefeit. Aber der Start sollte bitteschön von einer gewissen Verweigerungshaltung, von Provokation und auch von einer gewissen Aggression getragen sein. Im Sinne einer aggressiven Weigerung, den status quo als Fluchtlinie zu akzeptieren, die glatte Oberfläche unangetastet zu lassen, die Haut nicht zu verletzen, die Monster in den Tiefen (so es denn welche gibt) ruhen zu lassen zum Wohle der Gesellschaft. Nein, Mut ist gefordert, die Monster zu wecken, sie in der Tiefe zu stören - und unter Umständen auf der Flucht vor ihnen die Tür offenzulassen, durch welche sie an die Oberfläche dringen.

Gefahrvolle Tiefenforschung = Subkultur. Eine andere Definition braucht es zunächst nicht. Wichtig wäre dabei die Selbst-Verweigerung gegenüber der verführerischen Hoffnung, eines Tages und wie ein verlorener Sohne in die Gesellschaft heimgeholt zu werden. Abenteurer zieht es immer wieder hinaus. Und die Absage an die Versuchung, irgendwann ‚verstanden zu werden‘. Wer versteht diejenigen Sonderlinge, die, um ihren Forscherdrang zu stillen, Dinge gerne aufs Spiel setzen?

Die Aufgabe von Subkultur wäre also heute mehr denn je, abseits von Partialinteressen und -vorlieben Dinge generell in Bewegung zu setzen - unter und eng an der Oberfläche des gesamtkulturellen Organismus, sub-kutan Dinge zu wecken und Impulse zu setzen, deren Auswirkung nicht im Rahmen von selbstgesteckten Normen und Regularien von vorneherein klar sind. Mit anderen Worten: Mit dem utopischen Raster dessen, was sich bisher Subkultur  nannte, zu brechen, die eigene Selbstgewissheit über den Wert des Alternativen aufzugeben. Somit verfällt auch das Desiderat nach harmonischem Letztkonsens zwischen kulturellen Teil-Bereichen und –Organen.

Subkultur - Knietief in der Scheiße

Nicht da, wo Subkultur sich bis dato am wohlsten fühlte; links oder rechts auf den Schultern der Hauptkultur, sozusagen als deren kritischer Hofnarr, bedenklicher Einflüsterer oder utopischer Wegweiser, muss sie agieren. Sondern sie muss als gelebte Praxis des Suchens, Forschens und Erkundens dort ansetzen, wo nach wie vor keiner (inklusive ihrer Vertreter) gerne hinsieht: in den Achselhöhlen der Gesellschaft, zwischen ihren Zehen und unter ihren Nägeln, im Nabel, wo sich die Fusseln ansammeln und nicht zuletzt in ihrem Arsch. Dort, wo Kunst und Kultur in unmittelbarer Nähe zur Scheiße gedeiht. Dort, wo das Funktionieren aufhört oder besser: wo etwas funktioniert auf eine Art und Weise, über die wir lieber nicht ganz so genau Bescheid wissen wollen. Ja, Subkultur - verstanden als Forschungsaufgabe - muss sich die Hände schmutzig machen. Und auf keinen Fall dem Drang nachgeben, aus Scheiße Gold zu machen. Das Suchen muss vielmehr in sich selbst erstrahlen.

Subkultur und München?

Gerade München, dieser `sauberen Stadt`, in der ein urtümlicher Traditionalismus noch stark ausgeprägt ist (Nicht: Laptop und Lederhose, sondern: Laptop in der Lederhose!) und wo die offensive Diversifizierung von alternativen gesellschaftlichen Lebensentwürfen keineswegs so stark ist wie etwa in Berlin, Hamburg und Frankfurt scheint gute Start-Bedingungen für eine neue Subkultur zu liefern. Freilich gälte es, die subkulturelle Erblast los zu werden, die mit dem Namen Schwabings und seiner ehemals so lebendigen Kulturszene auf nicht nur positive Weise verbunden ist: Münchens kulturelles Szene-Leben hat sich in weiten Teilen bequem in einem interieurhaften Image von Subkultur eingerichtet, das mehr als dreißig Jahre alt und gänzlich zugestaubt ist. Dem entspricht übrigens ein wenig aufgeschlossener Umgang des Szene-Altinventars mit aktuellen kulturellen Ausdrucksformen, die die bisherigen Grenzen überschreiten wollen und angetreten sind, um herauszufordern.

Nicht zuletzt daher rührt vielleicht auch das Vorurteil, München hätte heute keine wirkliche Sub-Kultur zu bieten. Das ist falsch. Sie hat sich nur ein wenig versteckt, ist noch zu timid und es mangelt ihr nicht zuletzt noch an überregionaler und internationaler Vernetzung. Eine junge Szene von Filmemachern, Theatergruppen, Musikern und Performancekünstlern ist in den letzten Jahren sozusagen im Schatten gediehen. Sie lehnen Akademismus ebenso ab wie die großen Töne des „Wir sind Avantgarde!“. Ihr Kennzeichen ist eine gewisse Unerkennbarkeit, sie ist noch etwas liquide, in statu nascendi. Aber genau das passt zu dem Präfix des Wortes `Subkultur`.

Subkultur und Gartenbau?

Die kreative Arbeitsweise ist eine, die weniger auf eine bestimmte Subkultur  zugeschnitten ist, als vielmehr auf das allen ernst zu nehmenden Subkulturen gemeinsame Prinzip: Suche. Da ihre Resultate nicht von vorneherein feststehen, ist das Bild der Subkultur ebenfalls eine etwas ziellose. Man denke an Wucherung im Verborgenen, den Zusammenschluss von Zellen, distribuierte Arbeitsweise, an verschiedene Ausführende verteilte Aktionen, man denke an forschende Rhizomaten, die den Ausgang des Unternehmens selbst noch nicht kennen, an Abenteurer. Dies spricht in der Tat für eine neue Auffassung von Subkultur: Weg von einer identifizierbaren Gemeinschaft hin zu einer Lebenseinstellung, die sich überkommener Exklusivansprüche und rein vordergründiger und äußerlicher Abgrenzungsgesten begibt. Subkultur wird hier auch verstanden als Angebot an dem Abenteuer des Unter-Tauchens schlechthin teilzunehmen, ein Angebot an Künstler, Wissenschaftler und Interessierte vielfältiger Provenienz. Es richtet sich an alle, die der Kultur unter die Haut fahren wollen - die gemeinsame Odyssee der Verschiedenen. Das Resultat ist nicht wirklich absehbar, es verfestigt sich nicht in Kategorien wie ‚Werken‘ oder ‚Ergebnissen‘, es geht mehr um das Gedeihenlassen von Einsichten, Ideen und Vorstellungen, vergleichbar dem Ausbreitungsprozess intelligent wuchernden Unkrauts, das sich diskret verzweigt und dann, wenn es entdeckt wird, nicht mehr aus dem Garten entfernt werden kann. Aus eigener Bekanntschaft kann ich sagen: Solche Schattengewächse wuchern bereits, und aus ihnen werden keine schöne Blumen in gepflegten Gärten werden…

Dr. Jörg von Brincken

Foto: Dr. Jörg von Brincken

Der Autor ist Akademischer Rat der Theaterwissenschaft München und Angehöriger des Interdisziplinären Forschungszentrums für Neuestes Musiktheater Sound and Movement (SaM).

Veröffentlicht am: 09.12.2010

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Kerstin von Brincken
11.12.2010 12:49 Uhr

klasse geschrieben und den nerv der "sub- und in-Kultur" getroffen und getötet.....:)

Martin von Brincken
14.12.2010 08:02 Uhr

Klingt doch nach guten aussichten für München in sachen Subkultur. Während in Berlin&Co. alternativ sein ja gar nicht mehr alternativ sein kann, müsste doch gerade das wiedererstarkte traditionell-ist-chic-München wieder einen guten Nährboden für subkulturelle Herausforderungen bieten. Je dicker die "mir san mir"-haut an der oberfläche,desto grösser muss der subkulturelle pickel darunter sein,um erkennbaren "schaden" anzurichten zu können...

Marco
14.12.2010 17:57 Uhr

Hat da einer zu viel gekifft? Da hat man ja schon gar keinen Bock mehr auf Subkultur, so kompliziert wie das ist. Das ist so ätzend aufgedröselt, daß hier sich jeder Leser selbst cool finden kann. Dieser "altersmilde" Autor hat einfach nur nicht Eier seine Meinung zu sagen, sondern fröhnt stattdessen lieber seiner Schreib-Diarrhoe! Nirgendwo wird es jungen Leuten so schwer gemacht in München sich Freiräume zu verschaffen.

Warum sagt er nicht einfach mal wie es ist, statt den Begriff Subkultur so lange zu sezieren bis nichts mehr von ihm übrig ist? Diese Stadt ist unheimlich gleichströmig und materialistisch. Freiräume, niedrige Preise, Kunst und eben daraus möglich entstehende Subkulturen könnten die Stadt bunter machen, aber das würde die Sauberkeit in Gefahr bringen. BOAH!

Puerto Giesing
14.12.2010 23:54 Uhr

"...Sondern sie muss als gelebte Praxis des Suchens, Forschens und Erkundens dort ansetzen, wo nach wie vor keiner (inklusive ihrer Vertreter) gerne hinsieht: in den Achselhöhlen der Gesellschaft, zwischen ihren Zehen und unter ihren Nägeln, im Nabel, wo sich die Fusseln ansammeln und nicht zuletzt in ihrem Arsch. Dort, wo Kunst und Kultur in unmittelbarer Nähe zur Scheiße gedeiht..." - Sehr schön! Dazu werden wir ein paar Anekdoten zu erzählen haben, sobald der Hafen Geschichte ist.