Foto und Holzschnitt bei Henn

Interpretationen von Raum

von Achim Manthey

Pretoria, 2011 (c) Genaro Strobel

Die Ausstellung "Elusive Space" stellt Fotografien von Johannes Kersting den Holzschnitten von Genaro Strobel gegenüber. Eine Korrespondenz der Arbeiten stellt sich nicht ein, obwohl sich beide dem Thema "Raum" widmen.

 

Städtische, aus ihrem Kontext herausgelöste Situationen zeigen die zwischen 2009 und 2011 entstandenen Aufnahmen des jungen Fotografen Johannes Kersting. Der Ausschnitt eines Containers auf dem gleichnamigen Bild zeigt eine Fläche in hellem Grün und Blau, durchbrochen durch die Metallstreben. Ausgefranste Rostwunden, entstanden durch den rustikalen Umgang mit dem Behälter, lösen die farbliche Harmonie auf. Nur ein Stück wolkenverschlierten Himmels öffnet die Szene. Auch "Cool Stripes" von 2011, das in grafisch strenger Form eine Mauer mit ihren waagerechten Versatzstücken in Hell- und Dunkelgrau abbildet, findet durch ein Himmelsstück zurück in die Welt. Andere Bilder wie "Neon" oder "Furniture (Muebles)"verlassen die Realität, erscheinen als Kompositionen von Flächen und Linien, die eher der Malerei zuzuordnen sind. Die Grenze zwischen beiden Kunstformen überschreitet der Künstler bewusst und führt dabei die Erkennbarkeit des Malerischen im Alltäglichen vor.

Container, 2011 (c) Johannes Kersting

Genaro Strobel setzt sich in seinen Arbeiten mit dem Zusammenspiel von Architektur und Landschaft auseinander. Sie bilden den spannenderen Teil der Ausstellung, schon weil seine Kunstform, der Holzschnitt, in der jüngeren Kunst nur selten zu sehen ist. Mit schwarzer Ölfarbe auf Bütten gedruckt entstehen verblüffende, vielschichtige Motive. Lediglich auf den ersten Blick erscheinen sie grafisch streng aufgebaut. Die geraden Linien der Häuser in dem Bild "Leticia" lösen sich in Gesteinsformationen auf, die sie zu erdrücken drohen. "Pretoria" von 2011 zeigt ein Fußballstadion, dessen Besucher zu amorpher Masse werden. "We will win" von 2012 kommt als düsteres Schlachten-Opus daher. Die Bilder spielen mit dem Blick des Betrachters. Ein einmal gewählter Blickwinkel verliert sich bald in einem Irrweg aus gegeneinander stehende Verzerrungen, Spiegelungen, führen in Tiefen, die in den Bann ziehen.

Zwei völlig unterschiedliche Positionen zum Thema "Raum" sind zu sehen. Schwer bestimmbar nähert sich Kersting mit seinen Fotografien dem, was jedem erkennbar ist und nur gesehen werden muss. Strobel entführt in dunkle, zuweilen apokalyptische Welten. Sehenswert ist beides, zusammen geht nicht viel.

Noch bis zum 13. Juni 2012 in der Henn Galerie, Augustenstraße 54 in München, Di-Fr 13-19 Uhr, Sa 12-16 Uhr. Eintritt frei.

 

 

Veröffentlicht am: 08.06.2012

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