Nikolai Vogels Kunst auf dem Olympiasee

Geruderte Bilder mit Glockengeläut, und dabei geht's immer nur um das eine

von Achim Manthey

Worum es wirklich ging (Foto: Achim Manthey)

Als "Erste Münchner Triennale für Performance-Kunst" fand am Sonntagnachmittag auf dem See im Olympiapark eine Kunstveranstaltung für drei Ruderboote statt. Viel mehr als Körperertüchtigung für die Künstler war es nicht.

"Guck mal! Die haben Kuhglocken auf dem Boot!", so die junge Mutter zu ihrem Kind. Tatsächlich war eines der roten Plastik-Ruderboote mit einem Schellenbaum geschmückt. Es wurde von einer der Künstlerinnen - erkennbar an den Grenzen ihrer nautischen Fähigkeiten - über das Gewässer geschippert. Das muntere Glockenspiel, hervorgerufen durch Wind und Wellen, hatte etwas von maritimem Almabtrieb.

Großformatige Bilder in grellen Farben wurden über den See gerudert. Die Boote mischten sich unter die anderen Seefahrer, drehten und entfernten sich, fanden wieder zueinander, dieweil in Ufernähe eine überdimensional zerdellte Boje in Grün und Braun  mit der Veranstaltung nichts zu tun zu haben schien.

Das Projekt wurde durch den Münchner Schriftsteller und Performance-Künstler Nikolai Vogel und sein Team (Judith Egger, Silke Marefka, Wolfgang Stehle, Anja Uhlig, Katharina Weishäupl, Thomas Winkler und Stefan Wischnewski) realisiert. Vogel, Jahrgang 1971, war Mitbegründer der von 1996 bis 2000 auf dem Kleinhesseloher See im Englischen Garten veranstalteten "Münchner See-Lesungen", ist also durchaus seefest. Er nahm 2005 am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb teil und ist Träger des Kulturförderpreises des Landkreises Landsberg am Lech (1997) und des Bayerischen Kunstförderpreises (2007).

Ein klingendes Glockenspiel gabs auch (Foto: Achim Manthey)

Nun also dies. Drei Boote mit drei Buchstaben bilden Worte, wechseln die Reihenfolge bis zur Sinnentleerung, kollidieren mit Tretbooten, nähern sich an, driften davon, sind Teil eines Chaos, in dem jedesPartikel nicht abzusaufen versucht. Ein Rabe hockt auf dem Boot. Todessymbol? Man konnte bangen um die Seefahrer.

Lediglich für einen kurzen Moment gerät Ordnung in das Geschehen, als Vogel - ansonsten ohne Dirigat am Ufer auf- und ablaufend - auf Wunsch der anwesenden Pressefotografen die Ruderer in Ufernähe ruft, um den ultimativen "Shot" zu ermöglichen. Das unterstrich die Zufälligkeit, der die Veranstaltung unterlag und die wohl auch beabsichtigt war.

Sinn und Zweck braucht Kunst bekanntlich nicht. Das wurde hier deutlich. Das Publikum schwankte zwischen verständnis- und ahnungslos, begriff es überwiegend nicht als Kunstaktion, blieb gelassen und war  in Teilen amüsiert. Immerhin: Man war an angenehm frischer Luft und konnte Künstler im Umgang mit Luv und Lee beobachten. Worum es bei alledem wirklich ging, das bildeten die Ruderboote mit den Buchstaben: I.C.H.

War da was?

Veröffentlicht am: 25.06.2012

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