Scherenschnitte von Risa Fukui

Zwischen putzig und scharf - japanische Zauberei mit der Schere

von Achim Manthey

Toddler, 2011 (c) Risa Fukui, cortesy Micheko Galerie

Die Ausstellung "Ki Ri Ga" in München zeigt Arbeiten der japanischen Scherenschnitt-Künstlerin Risa Fukui und deutet an, dass diese traditionelle und hierzulande fast vergessene Kunstform auch heute bestehen kann.

Uhaaah! Scherenschnitte? Langweilig! Unwillkürlich kommen Gedanken an diese schwarzen Silhouetten von Portraits oder süsslich-idyllischen Schäfer- oder Laubenszenen auf, die im Deutschland der Goethezeit bis ins 19. Jahrhundert hinein so beliebt waren und heute aus der Zeit gefallen scheinen. Bis man sich dem Werk der japanischen Künstler Risa Fukui nähert und eine verblüffende Modernität dieser Kunstform entdecken kann.

Ein Portrait ihrer Tochter ist überzogen mit feinsten schwarzen Papierfäden und unterlegt mit verschiedenfarbenen Tönen in orange-rot und hell- bis dunkelgrün. Das in der Ausstellung gezeigte Bild "Toddler" von 2011 ist Teil einer Trilogie. Die Frontalansicht strahlt zugleich Frieden wie Unruhe und Gefangensein aus. "Carps" von 2012 zeigt eine farbenfroh-schuppige Fischgruppe von oben, das 2008 entstandene Bild "Hagoramo" bietet eine vielfältige Ornamentik auf mehrfarbigen Untergründen.

Funabenkel, 2011 (c) Risa Fukui, courtesy Micheko Galerie

Der Scherenschnitt, ursprünglich in Nordchina entstanden, hat in Japan lange Tradition. Rituelle Motive in zunächst einfachen Schnittformen herrschten vor. Was aus China herübergelangt war, wurde adaptiert und dem japanischen Geschmack angepasst. Risa Fukui ist in ihrem Heimatland ein Star. Sie, die zuvor lange als Model gearbeitet hat, hat diese Kunstform mit Komplexität und Perfektion in die Moderne übertragen. "Es fließt sehr viel von meiner Lebenskraft in meine Kunst. Ich schneide Linien aus Papier und schaffe Figuren, Tiere und Pflanzen. Ich sehe, wie sie lebendig werden und wie ein Teil meines eigenen Lebens darin eingeht. (...) Es ist meine Absicht, alle Aspekte unseres Lebens und unserer Welt zu beobachten und intensiv zu erleben. Daraus nährt sich meine Kreativität und diese fließt in meine Scherenschnitte", beschreibt die Künstlerin ihre Arbeit. Viele Mode-Labels arbeiten mit Risa Fukui zusammen, ihre Motive finden sich auf Schuhen, Kimonos und Autos. Das Museum ihrer Heimatstadt Shizuoka widmete ihr kürzlich eine umfassende Werkschau. München zeigt die erste Einzelausstellung der Künstlerin im Ausland.

"Funabenkel" (2011) ist ein fieser Geselle. Eine Fratze mit schwarzer Haarmähne vor mittelblauem Hintergrund, begleitet von Fischen. Das großformatige Werk ist ein Blickfang. Ganz ohne das Traditionelle geht es auch bei Risa Fukui nicht. Eher kitschig kommen die Gegenüberstellungen von Tieren und Pflanzen daher. Die Adaptionen von Kindern und Tieren aus Grimms Märchen sind putzig, die Szenen und Figuren aus Mozarts "La nozze di Figaro" könnten durchaus dem 19. Jahrhundert entstammen.

Die Künstlerin ist stark in ihren akribisch ausgearbeiteten modernen Werken. Großformatig und farbkräftig zeigt sie Fantasiewelten. Die altbekannten Scherenschnitt-Silhouetten bezeichnet man in Japan als "kiri e". Aus dieser Enge bricht Risa Fukui zuweilen aus. Sie schafft "kiri ga", eine Scherenschnitt-Malerei, von der man gern mehr sehen würde.

Bis zum 24. November 2012 in der Micheko Galerie, Theresienstraße 18 in München, Di-Fr 15-20 Uhr, Sa 11-16 Uhr, Eintritt frei.

 

Veröffentlicht am: 06.11.2012

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