Jimmy Smith Tribute mit Fred Wesley in der Unterfahrt

Der Mississippi fließt durch die Einsteinstraße

von Michael Wüst

Riffweltmeister aller Klassen - Fred Wesley und seine Cats. Foto: Michael Wüst

Für einen heißen Sommerabend lang wurde die Unterfahrt zum Chicken Shack. Jimmy Smiths berühmte Platte  „Back at the Chicken Shack“, diente dem früheren JB´s-Posaunisten Fred Wesley als Vorlage zu einem Tribute an den Meister der B3-Hammond-Orgel.

Leichtes Südstaatenfeeling. An den Biergläsern lief das Wasser herunter und der Geruch eines roten Linsengerichts mit fetten Würsten zog durch den Raum. Die Soul-Jazz-Gemeinde versammelte sich programmwedelnd, kühlungfächernd.

Jimmy Smith ist der Entdecker der B3-Hammond-Orgel. Vor ihm fristete das spätere Groove-Instrument der 50er und 60er sein Dasein als kleiner Bruder einer Kirchenorgel in ärmlichen Südstaatenkirchen. Gospel, Blues, Hard Bop waren dann die Zutaten des Soul Jazz Stew, den Jimmy Smith zusammengekocht hatte. Dieser Sound löste in den 60er Jahren einen wahren Boom aus, von Jimmy McGriff und Brother Jack McDuff bis zu Rock-Keyboardern wie Jon Lord.

Ganz sinnfällig begann also der Chicken-Shack-Abend in der Unterfahrt mit der B3-Soul-Bombe. Der 21jährige Leonardo Corradi zog unverblümt und grußlos gleich alle Register. In der entspannten Haltung eines coolen Hackers jagte er in Hard-Bop-Uptempo-32teln durch „Sunny“. Nichts war verhuscht, nichts verwischt, brilliant, auf den Punkt, fast hart. Tony Match am Schlagzeug schlug in dieser Manier, „tight as tight can“ den Backbeat.

Zur rechten Zeit betrat jetzt mit der älteren Generation ein gerüttelt, geschüttelt Maß an Gelassenheit die Bühne. Fred Wesley, Riffmeister aller Zeiten in kongenialer Eintracht mit Maceo Parker bei den James Brown - JB's, hatte Jesse Davis (Altsaxofon) an der Seite. Eine nicht unbedingt typische Hammond-Formation. Ohne Gitarre und mit Posaune statt Tenorsaxophon, etwa à la Stanley Turrentine, das war – naja: eben gar kein Problem. „Soft Winds”, “The Preacher”, “Caravan”, “Lover Man” und die James Brown-“House Party” waren einfach “slick” gespielt. Jesse Davis zeigte stilistisch eine große Bandbreite von einem verführerisch flüsternden Benny Carter bis zu aufblitzenden, explosiven Parker-Licks. Und Fred Wesley lief sowieso außerhalb der Konkurrenz. Ein Meister, ohne prätentiös zu sein. Der berühmteste Sideman der Welt. Der Show verpflichtet. „Got my Mojo Working“.

Veröffentlicht am: 21.06.2013

Über den Autor

Michael Wüst

Redakteur

Michael Wüst ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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