Pegelia Gold und Art Zentral in der Unterfahrt

Unter Kunstdruck

von Michael Wüst

Es raunen die Wälder. Foto: Unterfahrt

Vorsicht ist geboten, wenn Lyrik dräut, sich über anderen Kunstformen zusammenbraut. Ist sie gar verankert im Expressionismus, gepaart mit weihevoller, naturreligiöser Geste und will sie sich vereinigen mit Jazz und Sphärenklängen, dann ist Kunstdruck programmiert. Bei „Pegelia Gold & Art Zentral“ saßen denn auch im Publikum des Münchner Jazzclubs Unterfahrt die Entsprechenden: spärliche, jedoch hochkulturell wild Entschlossene, die jedes ungebührliche Geräusch im Saale auszischten. Bayreuth homöopathisch: ein jedem sein grünes Hügelchen.

Pegelia Gold ist die Sängerin, Komponistin und auch die Texterin der überladenen lyrischen Emanationen. Da dampft es aus den Elfenwäldchen, da röchelt Gottfried Benn. Zauberhaft unverwechselbar ist ihr Name, so dass man ihn sich gar nicht merken muss! Dazu gibt sie das böse, leicht psychotische Mädchen mit weißem Kleidchen und Prinz-Eisenherz-Pony. Ein ganz gefährliches Mädchen ist sie, aufstampfend und immer wieder Ärmchen wegschmeißend. Wegen dem hohen Kunstdruck.

Passend kommt das erste Stück in einer Art Glossolalie mit dem notorischen Merkmal der ekstatischen Erleuchtung daher. Phonetisch zucken und zischen die Konsonanten, dass es den Dadaisten und der Resl von Konersreuth eine Freude gewesen wäre. Aufmüpfig, entrückt, stigmatisiert. Dabei kann Fräulein Gold wirklich alles mit der Stimme. Schneidende, kristallin scharfe Höhen sind in perfekter Intonation. Sicher in Dissonanzen. Eine Ausnahmestimme. Wäre da nicht der Kunstdruck.

Anhand einzelner kryptischer Ansagen (klassische Moderationen sind übler Mainstream) konnten wir interpretieren, dass der Holzbläser Dirk Rumig nicht angetreten war und dass Gitarrist Felix Franzke erst das zweite Mal dabei war, was einem Begriff davon gab, was in diesem – Projekt – stecken mag. Eigenwillig wechselten schräge Funknummern, unterstützt von Keyboard- und Celeste-Flächen (ebenso Piano: Alexander Wienand) mit filmmusikartig Elegischem. – Überhaupt ein ästhetischer Spagat zwischen Künstlichkeit und Kunst, Attitüde und Können? Filmmusik zu einem nicht existierenden Film?

Pegelia Gold (voc), Felix Franzke (git), Alexander Wienand (p), Constantin Herzog (b), Daniel Prätzlich (dr, perc).

Veröffentlicht am: 25.09.2013

Über den Autor

Michael Wüst

Redakteur

Michael Wüst ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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Peter Fulda
29.10.2013 15:29 Uhr

und bei all dem anbiedernden Kommerzquark, der inzwischen auch den abgelegensten Musikort vollschleimt freut man sich doch auch mal wieder über Kunst und Ambition, oder? Da halte ich ein bisschen Kunstdruck gerne aus, wenn ich dafür ein Werk wie das von Pegelia Gold geboten kriege. Es MUSS nicht IMMER ALLES Unterhaltung sein!