Orchesterkonzerte in Salzburg

Klangwunder und vollmundige Innigkeit

von Volker Boser

Christian Thielemann, Maurizio Pollini, Sächsische Staatskapelle Dresden. Foto: Matthias Creutzinger

Es kommt nicht häufig vor, dass bei einem Klavierkonzert von Mozart dem Orchester die Palme gebührt. Die Sächsische Staatskapelle, seit dem vergangenen Jahr das „Hausensemble“ der Salzburger Osterfestspiele, begleitete im zweiten der Orchesterkonzerte den Pianisten Maurizio Pollini derart sensibel, dass sich nur in höchsten Tönen davon schwärmen lässt: Welch´ ein Einfühlungsvermögen der Holzbläser! Und wie es Christian Thielemann gelang, im langsamen Satz von KV 467 die Streicher singen zu lassen – angesichts der Klangwunder, die sich in dieser halben Stunde ereigneten, hatte der italienische Alt-Star kaum eine Chance. Er musizierte mit angemessenem Temperament. Charme und Eleganz waren zu erahnen.

Die Programme der Konzerte spannten sich von Mozart über Richard Strauss bis zu Wolfgang Rihm. Wohl, weil man das Publikum nicht vergraulen wollte, wurden die „modernen“ Zutaten nur in Häppchen serviert. Anja Harteros brachte Rihms Orchesterfassung des Strauss-Liedes „Malven“ zur Uraufführung. Christoph Eschenbach dirigierte dessen „Verwandlung 2“ (2005), Thielemann das an Brahms erinnernde, düstere Stimmungsbild „Ernster Gesang“ (1997). Die Auswahl war geschickt getroffen. Rihms Musik hielt selbst den hartnäckigsten Hustenattacken der Festspiel-Society stand.

Bedenken mag mancher vor dem Auftritt von Christoph Eschenbach gehabt haben. Schließlich wurde er im vergangenen Sommer in Salzburg als Dirigent von Mozarts „Cosi fan tutte“ böse gerupft. Er begann mit einer reichlich pauschal musizierten Ouvertüre zu Mozarts „Don Giovanni“, der er den selten zu hörenden Konzertschluss von Busoni beifügte. Gautier Capucons Cello erzählte danach die Strauss'schen Abenteuer des „Don Quixote“ mit intensiv  ausschweifender Tongebung. Beim „Don Juan“ und im zugegebenen Tanz der Salome verweigerte Christoph Eschenbach den Dresdnern leider immer wieder die glamourösen Momente.

Auch Christian Thielemann scheute sich davor, die Zügel locker zu halten. Das wäre gelegentlich bei Strauss durchaus angebracht. „Also sprach Zarathustra“ hätte ein wenig vorwitziger klingen dürfen. Die vier letzten Lieder wurden von Anja Harteros mit majestätischer Allüre zelebriert. Grandios glutvolle Nachdrücklichkeit bestimmte die Streicher-Trauer der „Metamorphosen“.

Zum Beschluss das Mozart-Requiem, in Erinnerung an den 25. Todestag des Festspielgründers Herbert von Karajan: Zusammen mit dem prächtigen BR-Chor sowie ausgezeichneten Solisten (Chen Reiss, Christa Mayer, Steve Davislim, Georg Zeppenfeld) machte dessen Nachfolger wie schon in München keinen Hehl daraus, dass ihm hier symphonisch vollmundige Innigkeit näher ist als jeder noch so spannende Originalklang-Ausflug.

Veröffentlicht am: 18.04.2014

Über den Autor

Volker Boser

Volker Boser ist seit 2010 Mitarbeiter des Kulturvollzug.

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