Almudena Grandes' Roman "Inés und die Freude"

Von den Helden des Arán-Tals

von Katrin Kaiser

Eine literarische Expertin für den Spanischen Bürgerkrieg: Almudena Grandes. Foto: Ivan Giménez / Tusquets Editores

In ihrem kürzlich auf Deutsch erschienenen Roman "Inés und die Freude" erzählt Almudena Grandes die bewegende Geschichte einer spanischen Kommunistin in den Jahren zwischen 1936 und 1977 und erinnert dabei an ein fast vergessenes historisches Ereignis. Am kommenden Sonntag (30. November 2014) präsentiert die Autorin ihr Buch bei der Münchner Bücherschau.

Durch das Dienstmädchen ihrer Familie kommt die lebenshungrige Inés in den Anfangstagen des Spanischen Bürgerkriegs in Kontakt zu einer Gruppe von Kommunisten, denen sie sich bald voller Überzeugung und Leidenschaft anschließt. Mehr als um "Freude“, die auch im spanischen Original titelgebend ist, geht es in Grandes' Roman um Leidenschaft – um die Leidenschaft für eine politische Idee und um die Leidenschaft für andere Menschen. Gut ein Drittel des Buches ist aus Inés' Perspektive erzählt, ein weiteres Drittel aus der Perspektive von Inés' späterem Mann Galán. Beide kämpfen im Bürgerkrieg unabhängig voneinander auf der Seite der Republikaner gegen die Faschisten.

Ein dritter Teil des Romans berichtet von den politischen Entwicklungen, vor deren Hintergrund Inés' und Galáns Geschichte stattfindet. Insgesamt ergibt das 672 Seiten mit teils hochspannendem, teils politisch brisantem und teils poetisch-philosophischem Inhalt.

Historisches Kernstück des Romans ist die republikanische Invasion des Arán-Tals im Jahre 1944: Auf Initiative der Kommunistischen Partei machten sich im Herbst jenes Jahres etwa 3000 Spanier aus dem französischen Exil auf, um ihr Land zurückzuerobern. Auf die Unterstützung der spanischen Bevölkerung vertrauend, hofften sie, Spanien von der Diktatur Francos zu befreien – eine Vision, die sich bald blutig zerschlagen sollte.

Inés vegetiert zu dieser Zeit im Haus ihres faschistischen Bruders vor sich hin – als politische Gefangene der eigenen Familie. Die Nachricht von der republikanischen Invasion des Arán-Tals ermutigt sie nach Jahren voller Tristesse und Demütigung zu einer spektakulären Flucht. So wird das Arán-Tal dann auch Schauplatz der ersten Begegnung zwischen Inés und Galán, dem Hauptmann einer Gruppe von republikanischen Soldaten. Faszinierend sind für den Leser nun vor allem die leidenschaftliche Liebe und die tiefe Verbundenheit, die sich zwischen diesen beiden mutigen Menschen unter dem Druck des Kampfes und der täglichen Lebensgefahr entwickeln.

"Inés und die Freude" ist ein nach allen Regeln der Kunst gelungener Abenteuer- und Liebesroman und zugleich ein lebendiges und fesselndes Geschichtsbuch. Obwohl Almudena Grandes erst lange nach Kriegsende geboren wurde, ist der Spanische Bürgerkrieg immer wieder ihr großes Thema. Mit der Beharrlichkeit einer Wissenschaftlerin seziert sie in ihren Romanen die Risse, die der Krieg durch die spanische Gesellschaft getrieben hat. Historische Szenen beschreibt sie mit einer Intensität, die den Leser glauben lassen, sie sei selbst dabei gewesen. Ihre Sympathien liegen dabei tendenziell auf der republikanischen Seite, aber auch die Beweggründe von Franco-Anhängern analysiert sie immer wieder mit großer Behutsamkeit.

Auch in ihrem zuletzt auf Deutsch erschienenen Buch "Der Feind meines Vaters" (Kulturvollzug berichtete) beschäftigt sie sich mit der Frage, was im Leben eines Menschen geschehen muss, damit er Demokrat oder Faschist wird. Eindeutige Antworten auf diese Frage gibt es weder in "Der Feind meines Vaters" noch in "Inés und die Freude". Und wahrscheinlich ist auch genau das das Trauma des Bürgerkrieges: Die Widersprüche dieser gespaltenen Gesellschaft können bis heute nicht logisch aufgelöst werden.

Inés und die Freude. Abbildung: Hanser Verlag

Die große Stärke von Grandes' Roman ist, dass sie dieses Trauma spürbar macht, ohne jemals schwermütig oder fatalistisch zu werden. Wie schon "Der Feind meines Vaters“ ist auch "Inés und die Freude" voll von Lebenslust und Sehnsucht. Grandes aktuelles Buch ist ein zutiefst berührender politischer Roman, der an manchen Stellen zwar Gefahr läuft, in Revolutionsfolklore abzudriften, aber alles in allem den richtigen Ton findet, um eine unglaubliche Fülle an zwischenmenschlichen, politischen, kämpferischen und teilweise lebensbedrohlichen Extremsituationen zu beschreiben.

Almudena Grandes: "Inés und die Freude", Hanser Verlag, 672 Seiten, 24,90 Euro (E-Book 18,90 Euro)

Im Rahmen der Münchner Bücherschau liest Almudena Grandes am Sonntag (30. November 2014, 19 Uhr) in der Black Box im Gasteig aus „Inés und die Freude“. Karten bei München Ticket unter Telefon 089 / 54 81 81 81 oder unter www.muenchenticket.de.

Veröffentlicht am: 23.11.2014

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