Kabarett mit Söder und Asül beim Maibockanstich

Prince Charles so sanft wie noch nie

von Michael Grill

Kabarettisten unter sich. Foto: P.O.A./Sigi Jantz

Der Maibockanstich beim Hofbräu, seit zehn Jahren eine prominent besuchte Veranstaltung im Hofbräuhaus, ist ja nicht nur nach Auffassung seines Hausherren Markus Söder, dem CSU-Politiker und Finanzminister, „der bessere Nockherberg". Was vor allem am traditionellen Festredner Django Asül liegt, aber mittlerweile auch an Söder.

Heuer spannend: Wie ist die Befindlichkeit kurz nach des Ministerpräsidenten Seehofers Ankündigung, sich selbst nochmal zur Wahl zu stellen und damit Söder weiter Kabarettist sein zu lassen?

Bei Lachs-Zanderstrudel und Kalbstafelspitz durfte entspannen, wer nach Einladung ein „eTicket“ vorweisen konnte. Finanzminister Markus Söder hatte sich bereits am Morgen des Tages live via Facebook aus seinem Dienstwagen auf der Autobahn gemeldet um anzukündigen, er werde heuer nicht nochmal gröber als grob sein, sondern „nachdenklich, soweit es mir möglich ist“.

Söder zapft an, rechts Hofbräu-Chef Michael Möller. Foto: Sigi Jantz

Der Saal war mit gut 600 eTicket-Besitzern randvoll, darunter eine gefühlte Mehrheit vom Bayerischen Rundfunk, der das Ereignis zeitversetzt ausstrahlte. Schon vor Beginn freuten sich leibhaftige Chefredakteure, nicht nur vom BR, auf Söder, und einer erzählte die Sottise, wie der Minister nach seinem ersten Auftritt beim Starkbier am nächsten Morgen prompt von der Staatskanzlei einbestellt wurde. So viel zur Schau gestellte Unerschrockenheit imponiert auch Chefredakteuren, wenngleich relativierend eingewandt werden könnte, dass auch bei einem Politiker der Schutzmantel der Satire das Aussprechen von Frech- wie Wahrheiten deutlich einfacher macht. Hier kann sich ein sonst eher unironischer Politiker wie der Finanzminister mal „ganz anders“ zeigen. Ein Kurt Faltlhauser hat das leidlich genutzt, ein Georg Fahrenschon kaum. Söder aber so überzeugend als wolle er umschulen. Ja, er kann richtig lustig sein, raunte es zuverlässig im Blätterwald (und auch im Kulturvollzug), und bei Strudel und Spitz hat man damit sein Vergnügen. Spielverderber wäre, wer fragen würde, ob ein Politiker mittlerweile unbedingt auch noch Kabarettist sein muss, um respektiert zu werden, oder ob er nicht doch besser mit anderen Fähigkeit bestechen sollte. Die Moderatorin vom übertragenden Sender kündigt jedenfalls nicht nur der Einfachheit halber „die Kabarettisten Dr. Markus Söder und Django Asül“ an.

Söder, es ist sein sechster Maibock, nimmt wie angekündigt den Fuß vom Gas, und erklärt, man könne nun den „neuen sanften Söder erleben“. Nach ein wenig Gefrotzel über Rote und Grüne ist die Forderung nach einer Obergrenze für Preißn beim Zuzug nach München schon die Spitze der Spitzen. Asül ist souverän wie immer, ein bisschen fahrig vielleicht, und diesmal relativ scharf gegen Rote und Grüne; der SPD-Hoffnungsträger Martin Schulz (die Älteren erinnern sich) ist nur noch eine Lachnummer. Bei der CSU ist er indirekter und niederbayerischer, indem er etwa der SPD vorhält, sie habe ja einen Staatsanwalt zu ihrem Landesschatzmeister gemacht: „Fragt mal den Markus, wo die CSU-Zentrale wäre, wenn der CSU-Schatzmeister in den 70er und 80er Jahren ein Staatsanwalt gewesen wäre. Da sagt der Markus glatt: Stadelheim.“

Im Festsaal. Foto: Michael Grill

Erstaunlicherweise oder auch gerade nicht erstaunlicherweise baut Asül eine ganz andere Kritik ein, etwas versteckt. Er blickt auf ein Zitat von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, nämlich dieses: „Entschuldigens die Sprache, das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist. Weil den wirst du nie wieder abschieben. Aber für den ist das Asylrecht nicht gemacht, sondern der ist Wirtschaftsflüchtling.“ Dann analysiert Asül: „Zitiert wurde er aber in der Presse anders. Weggelassen wurde: Aber für den ist das Asylrecht nicht gemacht. Aus ,den wirst du nie wieder abschieben' wurde ,den kriegen wir nie wieder los'. Die Zuspitzung von Scheuer wurde von der Presse nochmal zugespitzt. Und dadurch war es auf einmal überspitz.“ Das ist aus Kabarettistenmund selten zu hören. Asül ließ es einfach mal so stehen.

Söder hatte sich mit Blick auf Seehofer und seine derzeit wieder mal blockierten Karriere-Pläne als ewiger Kronprinz dargestellt und mit Prinz Charles verglichen („zeitliche Perspektive deutlich schlechter“). Von Asül kam Trost: Das sei doch nur eine „Beleidigung erstens für deine Ohrwaschel und zweitens für deine Frau Karin“. Der hauptberufliche Kabarettist schlug schließlich dem Hofbräu-Chef Michael Möller vor, er könne so lange weitermachen wie Söder Gastgeber sei, damit mache er „die 20 Jahre voll“. Söder konterte nicht unsouverän, Asül könne sicher so eine Rede „auch gut in der Staatskanzlei halten“. Dann also bis zum nächsten Jahr.

Achja, nicht zu vergessen: Den Maibock kann man trinken.

Veröffentlicht am: 01.05.2017

Über den Autor

Michael Grill

Redakteur, Gründer

Michael Grill ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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